Donnerstag

Programm Übersichtsplan

Programm Donnerstag

Peter Streckeisen: Wie die Ökonomie zur Bildung kommt.

Zeitpunkt 13.00 – 15.00

Die «Ökonomisierung» des Bildungswesens ist in aller Munde. Aber was heisst das genau? Hinter den aktuellen «Bildungsreformen» lassen sich Veränderungen im wissenschaftlichen Feld beobachten. Das Bildungswesen, für das sich Jahrzehnte lang vor allem die Pädagogik und die Psychologie (allenfalls die Soziologie) zuständig fühlten, ist zum Gegenstand der Ökonomie geworden und wird unter dem Aspekt von Wettbewerbsfähigkeit und Kosten-Nutzen-Analysen betrachtet. Durch die Übersetzung in ökonomische Begrifflichkeiten werden traditionelle Problemstellungen (wie die Bildung verantwortungsbewusster Staatsbürger oder die Reproduktion sozialer Ungleichheiten) entpolitisiert und als solche zum Verschwinden gebracht. Dieser Beitrag skizziert eine Genealogie der Bildungsökonomie und beschreibt, wie diese Form der Ökonomisierung in der Schweiz Fuss gefasst hat.

Friederike Habermann: Der unsichtbare Tropenhelm. Wie koloniales Denken immer noch unsere Köpfe beherrscht.

Zeitpunkt: 13.00 – 15.00

Wer die abendländische Gesellschaft für frei, aufgeklärt und gerecht hält, wird über die Wunden, auf die Friederike Habermann den Finger legt, erstaunt sein: Die Ökonomin, Historikerin und Politikwissenschaftlerin zeigt auf, warum die westliche Gesellschaft auf struktureller Gewalt basiert und die vielgerühmte Freiheit des Westens in Wirklichkeit eine Freiheit der Angepassten ist. Ihre fulminante Tiefenkritik der unsichtbaren Tropenhelme, unter denen wir bis heute ein kolonialistisches Denken zelebrieren, macht deutlich, wie der weitverbreitete Wahn, die westliche Kultur sei die höchste Stufe kultureller Entwicklung, weltweit subtil und offen Gewalt ausübt. Ausgehend aus den Ursprünge von Konkurrenz und Rassismus sollen gemeinsam Perspektive zur Überwindung von Ausbeutung und Unterdrückung und zur Emanzipation des Anderen entwickelt werden.

Ueli Mäder: Soziale Ungleichheit. Wie normativ muss Forschung sein?

Zeitpunkt: 15.00 – 17.00

Die soziale Ungleichheit nimmt bei Teilen der verfügbaren Einkommen und Vermögen weiter zu. Der soziale Ausgleich lässt in wichtigen Bereichen auf sich warten. Das strapaziert den gesellschaftlichen Zusammenhalt. Der gute Wille von sozialen Einrichtungen und von einzelnen Wohlhabenden ist gewiss erfreulich. Aber die soziale Existenzsicherung ist eine gesellschaftliche Aufgabe. Sie darf nicht von der individuellen Gutmütigkeit abhängen. Und an diesem Postulat lässt sich festlegen, wie normativ die Forschung sozialer Ungleichheit sein muss. Im Vordergrund steht die materiell gesicherte Existenz für alle. Das ist das Mindeste. Hinzu kommen das psychische Wohl und die menschliche Würde. Der Forschung fällt die Aufgabe zu, sich dafür zu engagieren. Dieses Postulat gerät jedoch zunehmend in Kritik. Dahinter verbirgt sich das hehre Anliegen, soziale Fragen möglichst zu objektivieren und vorurteilslos zu erfassen. Und das ist zwiespältig. Zum einen richtet sich das Anliegen, gut nachvollziehbar, gegen eine funktionelle Banalisierung und Instrumentalisierung der Forschung; zum andern orientiert sich die postulierte Abkehr von Normativität unbemerkt an herrschaftlich legitimierten Ideologien. Das dokumentieren aktuelle Diskurse, die eine Wertfreiheit hoch halten und dabei einseitige Abhängigkeiten ignorieren. Ueli Mäder versucht diese zu erhellen. Er plädiert dafür, die unabdingbare Normativität gründlich zu reflektieren und transparent darzulegen.

Urs Sekinger: Konflikte um Schweizer Multis – Widerstand gegen die Macht der Konzerne

Zeitpunkt: 15.00 – 17.00

Beispielhaft betrachten wir, wie Holcim in Indien die Arbeitsrechte missachtet, entgegen eindeutigen Gerichtsentscheiden. Oder wir schauen nach Peru, wo Xstrata nichts von Umweltverschmutzung oder Gesundheitsproblemen durch ihre Minentätigkeit wissen will. In Kolumbien unternimmt Nestlé nichts gegen die brutale Unterdrückung der Gewerkschaften, die auch vor Morden nicht halt macht. Und schliesslich lernen wir am Beispiel Paraguay den Zusammenhang von Landbesetzung, Massaker, Putsch und Gentechnologie kennen.
Schweizer Multis gehören zu den grössten weltweit und zeichnen sich durch ein ausgeprägtes Profitstreben aus; abgesichert durch Freihandels- und Investitionsschutzabkommen. Folgen sind soziale Konflikte oder Schädigungen der Umwelt. Wer sich dagegen wehrt, muss sich auf härteste Auseinandersetzungen gefasst machen.
Und trotzdem lebt der Widerstand an verschiedensten Orten und auf verschiedenste Art und Weise. Doch die sozialen Kämpfe von Basisorganisationen, Landlosen oder Gewerkschaften sind unsere Medien kaum eine Zeile wert. Dabei stellen sich Frauen und Männer mutig, manchmal mit letzter Verzweiflung gegen die Macht der Konzerne. Gegenöffentlichkeit aufzubauen ist deshalb eine der wichtigsten Aufgaben internationaler Solidarität.

Wolfgang Fritz Haug: Eine Welt aus werbendem Schein – Wie sich Warenästhetik begreifen lässt.

Zeitpunkt: 17.15 – 19.00

Ankündigung folgt

Weitere Infos zu Wolfgang Fritz Haug: http://www.wolfgangfritzhaug.inkrit.de/

Arnold Hottinger: Die syrische Tragödie: Hintergründe eines Bürgerkrieges im Nahen Osten.

Zeitpunkt: 17.15 – 19.00

Ankündigung folgt

Christian Frings: Black Marxism.

Zeitpunkt: 20.00 – 21.30

Mit dem Beginn der weltweiten ökonomischen Krise seit 2007 findet die radikale Kapitalismuskritik von Marx wieder größeres Interesse. Ihr Anspruch war und ist es, in den Widersprüchen der heutigen Gesellschaft Bedingungen und Möglichkeiten einer allgemeinmenschlichen Emanzipation zu finden. Aber dieser Anspruch auf universelle und damit wirklich globale Befreiung bricht sich an westlichen oder eurozentristischen Prägungen dieser theoretischen Kritik, die oftmals ausgeblendet bleiben. Marx und Engels hatten von Hegel unreflektiert dessen Begriff der „geschichtslosen Völker“ übernommen, von dem sie sich erst unter dem Eindruck der großen außereuropäischen Sozialrevolten der 1850er Jahre (der Sepoy-Aufstand in Indien 1857 und die Taiping-Revolte in China 1850-1864) und durch die Orientierung am antikolonialen Kampf der Iren teilweise lösen konnten. Ebenso ungeklärt bleibt in Marx‘ Kritik die Bedeutung des rassistisch eingefärbten globalen NordSüd-Gefälles, und damit auch der modernen Sklaverei, für das Funktionieren und Überleben des kapitalistischen Weltsystems. An dem heutigen Wendepunkt der Weltgeschichte, an dem sich die revolutionäre Dynamik unabweisbar im globalen „Süden“ entfaltet, muss sich die Linke in den Metropolen mit den eurozentristischen Grenzen der Marxschen Kritik auseinandersetzen, gerade um an ihrer radikalen Entmystifizierung der Fetischgestalten des Kapitals festhalten zu können. Im Vortrag sollen auf den Spuren eines „Black Marxism“ (Cedric Robinson) Ansatzpunkte und Perspektiven einer solchen Überwindung metropolitaner Begrenztheiten der Kapitalismuskritik dargestellt und diskutiert werden.

Freie Uni Zürich @ LHT: Aleksa Golijanin (Belgrad): anarchy/ blok 45 (Englisch)

Zeitpunkt: 20.00 – 21.30

Am Donnerstag begrüssen wir auch ganz herrzlich die Freie Uni Zürich, welche ihren schon länger geplanten Vortrag mit Aleska Golijanin aus Belgrad in die Räumlichkeiten der Linken Hochschultage verlegt hat:

in this lecture, aleksa will talk about anarchy, as a personal ethical attitude and a relation between people: “anarchy is already here, wherever people get in direct touch, in the spirit of trust and community, against any form of domination. it may start at every instant, in the midst of these impossible conditions we are all caught in. there’s nothing utopian about it. anarchy is something alive, a living relation, a revolution of our daily lives, or it is nothing.” also, some pieces of anarchy’s history and contemporary shapes will be mentioned.

further, aleksa will talk about the anarchy/ blok 45 (anarhija/ blok 45) publishing project: it is a initiative from belgrade, serbia, started in 2002, by aleksa golijanin (“blok 45” is a (socialist) new belgrade neighborhood). aleksa published a number of books and booklets – mostly translations of sociological and anthropological critical literature – and distributed them all around former yugoslavia, all for free, only personal non-institutional support is accepted.

Weitere Infos:
http://freieuni.ch/wordpress/
http://anarhija-blok45.net1zen.com